Verlässlicher Partner und Vorreiterrolle
Liebfrauenhaus Herzogenaurach feierte 125-Jahr-Jubiläum mit Festakt und buntem Nachmittag
Herzogenaurach. 125 Jahre Liebfrauenhaus – ein guter Grund gemeinsam zu feiern: Zahlreiche Ehrengäste würdigten die Entwicklung des Kinderheimes zu einer modernen Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe mit vielfältigen pädagogischen Angeboten. 1. Bürgermeister Dr. German Hacker brachte es auf den Punkt: „Was wäre, wenn es das Liebfrauenhaus nicht gäbe? Die soziale Arbeit in Herzogenaurach würde fehlen!“
Schulleiter Michael Richter stellte den Gästen die aktuellen Herausforderungen des Liebfrauenhauses vor. Fotos: Popp, LFH
Nach einem Festgottesdienst, zelebriert durch SLW-Präses Br. Marinus Parzinger OFM Cap, in der Liebfrauenhauskirche, bei dem das Thema Nächstenliebe im Mittelpunkt stand, lud das Team des Liebfrauenhauses die Ehrengäste, Schülerinnen und Schüler, Eltern, Mitarbeitende und Ehemalige sowie Vertreter des Trägers, der Stiftung SLW Altötting zum Festakt in der Turnhalle ein. Nach dem Liedbeitrag „Die Schule der magischen Tiere“, gesungen vom Hort des Liebfrauenhauses, begrüßte Carina Schmittschmitt, Leiterin Hilfen zur Erziehung sowie Mitglied im Hausleitungsteam, die Festgäste. 125 – das sei eine große Zahl, nicht viele Einrichtungen existierten so lange, so Schmittschmitt. Bei der Internetrecherche zur Zahl 125 sei sie auf sogenannte „Engelszahlen“ gestoßen, die den Zahlen Bedeutungen zuweisen, die von Engeln übermittelt werden sollen. Ein passender Hinweis, so Schmittschmitt, da der Träger des Liebfrauenhauses, das Seraphische Liebeswerk, im Wortstamm seraphisch „zu den Engeln gehörend“ bedeute. Ein Blick in die Engelszahl 125 zeige, dass Schlagworte wie Dienst an anderen, Lernen durch Erfahrung sowie Optimismus sehr gut zur Arbeit des Liebfrauenhauses passten, da man gemeinsam für die anvertrauten Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen das Beste erreichen wolle.
Blick in die Geschichte
Einen Blick in die spannende Geschichte des Liebfrauenhauses bot Stefan König, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Stiftung SLW Altötting. Pater Cyprian Fröhlich OFM Cap, der Gründer des Seraphischen Liebeswerkes im Jahr 1889, bezeichnete seinen Heimatort Herzogenaurach als „katholische Oase mitten in der fränkischen Diaspora“. Nach dem Bau des Franziskushauses in Altötting wurde das Liebfrauenhaus am 9. und 10. Oktober 1899 feierlich eingeweiht. P. Cyprian Fröhlich OFM Cap würdigte damals das Liebfrauenhaus als „Musterbau nach Plan“, in dem „…25 arme Kinder, zwei Knäbchen und 23 Mädchen“ betreut wurden. Von Beginn an sei kräftig gebaut worden, erläutert König: Bereits 1900 öffnete die Liebfrauenhausschule ihre Pforten, die zweite Kapelle kam 1902 hinzu, 1905 wurde der Grundstein für die jetzige Liebfrauenhauskirche gelegt, bis 1907 wurden mehrere Gebäude errichtet, ab 1908 wurden Exerzitien angeboten, 1926 ein Exerzitienhaus eingeweiht. Für die Betreuung der Kinder sorgten ab 1899 die Armen Schulschwestern aus München, ab 1908 die Armen Franziskanerinnen von der Heiligen Familie zu Mallersdorf. In den Wirren der Weltkriege diente das Liebfrauenhaus als Lazarett. Nach 1948 wurde das Exerzitienhaus in ein Altenheim umgewandelt, 1952 ein Heim für 200 Kinder eröffnet. 1989/90 fand die Generalsanierung statt, hierbei wurde ein Erweiterungsbau des Altenheims errichtet. 1991 konnte der größte Kinderhort der Erzdiözese Bamberg in Betrieb genommen werden.
Ein Scheck als Geschenk zum Jubiläum überreichten (von links) Landrat Alexander Tritthart, Frau Böskens und 1. Bürgermeister Dr. German Hacker im Namen des Verwaltungsrates der Stadt- und Kreissparkasse Erlangen-Höchstadt an das Liebfrauenhaus-Leitungsteam Tobias Dötzer, Carina Schmittschmitt und Michael Richter. Fotos: Popp, LFH
Neue Wege der Organisation
Nach der Filmpremiere „Das Liebfrauenhaus – wie wir unsere Aufgabe und unser Angebot heute verstehen“ blickte Schulleiter Michael Richter, Mitglied im Hausleitungsteam, auf die Herausforderungen der letzten 25 Jahre. Durch das Ausscheiden der Mallersdorfer Schwestern, die sich um die Bereiche Internat, Schule, Betreuung, Altenheim und Verwaltung gekümmert hatten, brauchte es neue Wege der Organisation der Einrichtung. Schnell war klar, dass es schwierig werden würde, das Altenheim wirtschaftlich zu erhalten und so entschloss man sich 2016 zum Verkauf an das Bayernstift. 2018 war der Neubau fertiggestellt, heute steht das Haus unter der Leitung der Charleston Holding GmbH.
Die Jugendhilfe wurde über die Jahre neu strukturiert und an den aktuellen Bedarf – weniger betreute Kinder, dafür ein intensiveres Angebot – angepasst. Ab 2014 wurden auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge betreut. All diese Veränderungen im Angebot zeigten, dass ein qualifiziertes pädagogisches Team notwendig sei und so dankte Richter den Mitarbeitenden für ihr großes Engagement.
Auch die Schule habe sich gewandelt, so der Schulleiter weiter: Von der Waisenhausschule zu einer modernen Grund- und Mittelschule, in der Inklusion gelebte Praxis darstelle und die Kinder die Schule als Ort für ihre eigenständige Entwicklung erleben könnten. Die Nominierung für den deutschen Schulpreis 2016 sei Lohn für diese Arbeit gewesen und habe viele Türen geöffnet: „Wer hätte vor 25 Jahren an Schulhunde, einen Bauernhof oder Zusatzlehrer gedacht?“, so Richter, der auch dem Team der Schule für den tollen Zusammenhalt dankte.
Der Hort, vor 50 Jahren gegründet, und die Ganztagsbetreuung, viel mehr als bloße „Lernzeit“, seien vom Angebot des Liebfrauenhauses nicht mehr wegzudenken. Gemeinsam würden hier, so Richter, neue Konzepte entworfen und es könne auf die individuellen Interessen der Kinder eingegangen werden. Richter dankte nicht nur den pädagogischen Fachkräften, sondern auch den Mitarbeitern in der Küche und Hauswirtschaft sowie Verwaltung und Haustechnik und betonte, wie bemerkenswert es sei, wie sich das Liebfrauenhaus entwickelt habe und die einzelnen Bereiche zusammengewachsen seien. Eine besondere Herausforderung sei aktuell der geplante Neubau der Schule und des Horts aus finanziellen Gründen, wobei man auf die Unterstützung der regionalen Politik angewiesen sei. Richter dankte abschließend dem Träger, der Stiftung SLW Altötting, für die gute Zusammenarbeit trotz der großen räumlichen Entfernung.
Nach der Premiere des zweiten Filmes, der das Angebot der Hilfen zu Erziehung im Liebfrauenhaus zum Inhalt hatte, dankte Landrat Alexander Tritthart in seinem Grußwort für die gute Zusammenarbeit im Bereich Jugendhilfe – es brauche eine Einrichtung vor Ort, die dieses Angebot auch bereit halte und das Liebfrauenhaus sei hier ein verlässlicher Partner. Das Liebfrauenhaus biete ein tolles Angebot, für das der Landkreis immer gerne Geld zur Verfügung gestellt habe und dies solle auch in Zukunft so sein. Gemeinsam mit 1. Bürgermeister Dr. German Hacker überreichte der Landrat im Namen des Verwaltungsrates der Sparkasse Erlangen-Höchstadt einen Spendenscheck über 1.000 Euro.
Nach der Vorführung der Klasse 4a, einer Bodypercussion zum Lied „Seasons“ unter der Leitung von Stefanie Santjer sagte Bürgermeister Dr. German Hacker in seinem Grußwort, dass es nicht viele Einrichtungen gebe, die 125 Jahre alt werden und dabei so lebendig seien. „Was wäre, wenn es das Liebfrauenhaus nicht gäbe?“, so Hacker: „Die soziale Arbeit in Herzogenaurach würde fehlen!“ Er bezeichnete das Liebfrauenhaus als Vorreiter in vielen Dingen, sowohl in der Ganztagsbetreuung als auch mit dem eigenen Schulbauernhof sei die Einrichtung wegbereitend in diesem Feld. Gerade der kommende Rechtsanspruch in Sachen Ganztagsbetreuung könne so gut abgefedert werden, so der Rathaus-Chef weiter, der auch den dank des Stadtrates überbrachte. Die Finanzierung sei in den letzten 125 Jahren immer ein Thema gewesen und auch aktuelle Herausforderungen könne man gemeinsam schaffen.
Das bunte Programm des Nachmittags begeisterte große und kleine Besucherinnen du Besucher – die Hühner des Schulbauernhofes durften sich über Streicheleinheiten freuen. Fotos: Popp, LFH
Bunter Nachmittag
Die Hortkinder trugen danach das Lied „Menschen sind verrückte Tiere“ vor und Verwaltungsleiter sowie Mitglied im Hausleitungsteam Tobias Dötzer dankte den Festgästen und Mitarbeitenden, lud zum gemeinsamen Mittagessen ein und wies auf die Programmpunkte des bunten Nachmittages hin. Die Klasse 6a überreichte gemeinsam mit Lehrerin Melanie Hacker 411 Euro an SLW-Präses Br. Marinus Parzinger OFMCap: die Kinder hatten bei ihren Projekttagen Geld gesammelt, das für das Kinderhaus St. Clare in Uganda, einem Projekt der SLW-Ugandahilfe e.V., verwendet werden soll. Nach dem Segen durch Br. Marinus sowie dem gemeinsamen Mittagessen konnten sich die Besucherinnen und Besucher am Nachmittag bei zahlreichen Ausstellungen, Mitmachaktionen sowie Aufführungen der Kinder und Jugendlichen ein Bild von dem umfassenden Angebot des Liebfrauenhauses machen. Die Kinder und Jugendlichen hatten sich dazu viele interessante Angebote ausgedacht: vom Escape-Room über Bastelangebote, sportliche Einlagen, Tombola oder Quiz bis hin zu Auftritten der Schulband, der Theater-AG und der Mitarbeiter-Band reichte das Programm, das auf großes Interesse stieß.